Wie die Ruhe vor dem Sturm

Wir sprachen mit einer Ärztin, die in einer Praxis für Allgemeinmedizin tätig ist, über ihren Alltag während der Corona-Pandemie. #Ärztealltag

21.03.2020

von Barbara Schwede

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Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf deinen Alltag als Ärztin in einer Praxis für Allgemeinmedizin?

"Der Alltag in unserer Praxis für Allgemeinmedizin ist gerade komplett anders als sonst. Eine MPA fragt die Patienten schon vor der Tür nach ihren Symptomen und bespricht diese per Telefon mit den Ärzten in der Praxis. Nur Menschen mit akuten Beschwerden und ohne mögliche Corona-Symptome dürfen die Praxis betreten. Bei unklaren Fällen versuchen wir dies mit dem Patienten draussen auf dem Parkplatz mit zwei Metern Abstand zu klären. Medikamente, die bei uns abgeholt werden müssen, machen wir vorher bereit und geben sie nach draussen. Dank des schönen Wetters der letzten Tage ging das gut und das Verständnis für diese Massnahmen ist bei den Patienten sehr gross. Alle Patienten mit Beschwerden, die nicht dringend behandelt werden müssen, haben wir angerufen und den Termin abgesagt – fast den halben Mittwoch habe ich damit verbracht, meine Agenda daraufhin durchzuschauen. Viele Dinge bespreche ich mit den Kranken direkt am Telefon – deshalb war die Praxis auch noch nie so leer wie in diesen Tagen. Heute hatte ich nur vier Patienten, bei denen eine persönliche Konsultation unumgänglich war. Es fühlt sich an wie die Ruhe vor dem grossen Sturm.

Was ich mir aktuell von der Bevölkerung wünschen würde: Bitte halten Sie sich an die Vorgaben des Bundesrates! Ich frage mich zum Beispiel, warum man noch ganze Familien gemeinsam beim Einkaufen sieht. Mein Mann, der zu einer Risikogruppe gehört und meine Kinder, haben unser Haus seit letzten Freitag nicht mehr verlassen. Ich bin aktuell die einzige aus der Familie, die das Haus noch verlässt. Meiner Ansicht nach sind auch noch immer zu viele ältere Menschen auf den Strassen und in den Läden. Lassen Sie sich von Ihren Nachbarn oder einer Hilfsorganisation die Einkäufe nach Hause bringen! Das ist wichtig! Die Massnahmen des Bundes sind nicht übertrieben. Ich fühle mich als Ärztin vom BAG und vom Bundesrat gut unterstützt und informiert. Die Vorschriften sind klar und gut nachvollziehbar.”

Wie organisierst du den Alltag mit deinen drei Kindern?

“Unsere Kinder sind acht, sechs und vier Jahre alt. Mein Mann arbeitet im Homeoffice. Aktuell kommt unsere Nanny noch anderthalb Tage die Woche, um ihn zu entlasten, damit er arbeiten kann. So kleine Kinder brauchen intensive Betreuung und regelmässige Inputs. Die Nanny übernimmt einen Teil des Home Schoolings, das durch die Lehrpersonen super organisiert ist.

Ich schreibe jeden Abend einen grossen Ämtliplan mit Post-its, auf denen die Hausaufgaben und die Mithilfe im Haushalt pro Kind organisiert sind. Aktuell habe ich kaum noch Zeit für mich. Wenn ich nicht in der Praxis Patienten behandle, kaufe ich für uns und meine Eltern ein oder kümmere mich um die Kinder. Das Schöne ist, dass die Situation – neben all dem Stress – die Familie entschleunigt. Alle sind zuhause und wir haben trotzdem mehr Zeit miteinander. Das hilft, um den Rest gut überstehen zu können.” #Ärztealltag

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